NRW Landtagswahl 2022 Wahlprogramm Zentrumspartei Arbeit Soziales

Arbeit & Soziales

Im Themenschwerpunkt Arbeit & Soziales setzen wir uns unter anderem für eine gerechte Entlohnung, gute Qualifikationschancen und für eine bessere Teilhabe behinderter Menschen ein. Die Obdachlosigkeit in Deutschland soll gezielt bekämpft werden und das Thema mehr Beachtung finden.

Arbeitsmarktpolitik

Lohndumping in der Leiharbeit verhindern

Leiharbeitnehmer werden vergleichbaren Stammarbeitnehmern hinsichtlich der Entlohnung ab dem ersten Arbeitstag mindestens gleichgestellt. Um dem erhöhten Kündigungsrisiko und der erwarteten Flexibilität der Leiharbeitnehmer Rechnung zu tragen, wird eine Flexibilitätsprämie eingeführt. Sie wird als prozentualer Aufschlag auf das maßgebliche Arbeitsentgelt geleistet. Die bisherige Möglichkeit der stufenweisen Heranführung des Entgeltes entfällt. Wirksam geschlossene (Branchen-) Zuschlagstarifverträge behalten bis zum vereinbarten Ablauf ihre Gültigkeit. Eine Verlängerung ist ausgeschlossen.

Mindestlohn beibehalten

In Zeiten einer immer weiter voranschreitenden Tarifflucht ist der gesetzliche Mindestlohn mit dem Wesen der Sozialen Marktwirtschaft eng verbunden. Er korrigiert im Bereich der Entlohnung die Position der Niedriglohnempfänger als schwache Marktteilnehmer gegenüber den Interessen der Arbeitgeber als vergleichsweise starke Marktteilnehmer. Er schützt sie auch vor dem durch die derzeitige Massenmigration zu erwartenden Lohndruck. Insbesondere erlaubt ein ausreichender Mindestlohn eine Existenz jenseits der Armutsgrenze und die Finanzierung einer, wenn auch bescheidenen, Altersversorgung, die ansonsten im Wege staatlicher Unterstützung von der Gesellschaft zu tragen wäre.

Qualifikation hilft, Langzeitarbeitslosigkeit zu überwinden

Die heutigen Eingliederungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sind nicht auf die derzeitige Situation am Arbeitsmarkt abgestimmt. Es werden durch die staatlichen Institutionen die Maßnahmen durchgeführt, die gerade im Regal stehen. Ob diese zu den Anforderungsprofilen der Menschen passen, oder auch nicht. Im Ergebnis werden dann viel zu viele dieser kostenintensiven Maßnahmen abgebrochen oder auch nicht bestanden. Eine Identifikation mit dem neuen Berufsfeld ist in diesen Fällen auch nicht gegeben. Im Ergebnis können aus einer Anzahl von mehreren Millionen Arbeitslosen eine viel zu hohe Zahl von offenen gemeldeten Stellen nicht besetzt werden.

Die Zentrumspartei setzt sich für eine zielgerichtete Qualifikation geeigneter Arbeitsloser ein, die den tatsächlichen Arbeitsmarkterfordernissen und den Profilen der Arbeitnehmer entspricht. Der Erfolg und die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen muss stärker hinterfragt und überprüft werden. Inzwischen hat sich in Deutschland eine Weiterbildungsindustrie etabliert, die davon profitiert, dass es nicht bei einer Maßnahme bleibt. Darüber hinaus muss zeitnah und in enger Abstimmung, insbesondere mit mittelständischen Unternehmen, zusammengearbeitet werden, da diese wichtige Arbeitgeber und Motoren der deutschen Wirtschaft sind. Umschulungsmaßnahmen sind vom Land und Bund zu unterstützen.

Das Potenzial älterer Arbeitnehmer stärker nutzen

Die deutsche Gesellschaft altert, negative Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und den Arbeitsmarkt sind nicht zwangsläufig, da sich unter den älteren einheimischen Bürgern sehr viele tatsächliche Fachkräfte befinden. Aus diesem Grunde gilt es, unsere qualifizierten und erfahrenen älteren Menschen nicht fahrlässig auf das Altenteil zu schieben, sondern sie als Potential und Bereicherung für die heimische Wirtschaft wie auch für unser Land allgemein zu betrachten. Auch ältere Arbeitnehmer sind ein integraler Bestandteil des Arbeitsmarktes, ihnen sind seitens der Politik und Wirtschaft Wertschätzung und Anerkennung entgegenzubringen.

Im Gegensatz zu Deutschland hat Finnland schon vor 20 Jahren begonnen, altersgerechte Berufsbiografien zu gestalten. Hierzu wurden beispielsweise die Aus- und Weiterbildung und der Arbeits- und Gesundheitsschutz verbessert. Gleichzeitig wurden Programme zur Förderung weicher Faktoren (Stichwort: positive Altersbilder) zur Steigerung der Wertschätzung älterer Menschen ins Leben gerufen. Deutschland hat in all diesen Belangen noch erheblichen Nachholbedarf. Die Zentrumspartei will daher ein besonderes Förderprogramm für ältere Bürger einführen und auch deren bisheriges Engagement für unser Land würdigen.

 

Politik für Menschen mit Behinderung

Menschen mit Behinderungen nicht zu Bittstellern degradieren

Die Zentrumspartei steht für eine ideologiefreie Behindertenpolitik, die rationalen Erwägungen folgt und von Vernunft geleitet ist. Der barrierefreie Zugang ist für Menschen mit Behinderungen ein entscheidender Aspekt dafür, ein selbst bestimmtes Leben zu führen, auch ohne auf die Hilfe von anderen hierfür angewiesen zu sein. Nordrhein-Westfalen muss mit gutem Vorbild für die Gesellschaft vorangehen. Der barrierefreie Zugang zu Behörden und auch die barrierefreie Aufarbeitung von Informationen sowie Anträgen und Formularen sind derzeit in vielen Fällen noch nicht möglich. Wir möchten, dass alle Behörden sowie behördlichen Vorgänge barrierefrei zugänglich sind.

Die Zentrumspartei will die erlittenen Nachteile Blinder, hochgradig Sehbehinderter, Gehörloser oder schwerstbehinderter Kinder durch die Zahlung eines angemessenen Nachteilsausgleiches ausgleichen. Die derzeit gezahlten Beträge reichen nicht aus, die Nachteile so auszugleichen, dass eine gleichberechtigte Teilhabe und ein selbst bestimmtes Leben gewährleistet werden können.

Mehr Arbeitsplätze mit fairer Entlohnung für schwerbehinderte Menschen

Trotz der gesetzlichen Verpflichtung, Arbeitsplätze für behinderte Menschen vorzuhalten, ist die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen deutlich zu hoch. Um echte Teilhabe für behinderte Menschen am Arbeitsleben zu verwirklichen, fordert die Zentrumspartei die Schaffung von Anreizen in Form eines Bonussystems für alle Arbeitgeber für die Einrichtung von mehr Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung, gekoppelt mit einer fairen Entlohnung.

Inklusion mit Augenmaß

Das Bundesteilhabegesetz ermöglicht Eltern, Schulen per Klage zur Aufnahme ihrer Kinder zu verpflichten. Dieses Recht auf eine inklusive schulische Betreuung ist oft, aber nicht in allen Fällen sinnvoll. Sollte ein schulpflichtiges Kind sehr hohe körperliche Einschränkungen haben, könnte es zwar am normalen Unterricht teilnehmen, dies würde aber bei vielen Schulen kostenaufwendige Umbauten erfordern. Hier möchte die Zentrumspartei einen Zusatz im Durchführungsgesetz über die Trägerschaft und Umsetzung des BTHG erwirken, sodass nach eingehender Prüfung nur Schüler auf öffentliche Schulen geschickt werden, für welche keine teuren Umbaumaßnahmen getroffen werden müssen.

Die Zentrumspartei hält es für sinnvoll, finanzielle Mittel direkt in die persönliche Betreuung und Förderung, statt in Baumaßnahmen zu investieren. Bei geistigen Einschränkungen verhält es sich noch restriktiver, da an Regelschulen oft nicht einmal „verhaltensauffälligen Schülern“ genug Hilfe und Personal angeboten werden kann.

 

Allgemeine Sozialpolitik

Jugendarbeit und Ehrenamt

Bei allen ehrenamtlichen Projekten muss auf eine ideologiefreie Gestaltung geachtet werden. Wir lehnen eine Förderung jeglicher Art von extremistischen Vereinen konsequent ab. Eine Demokratieerklärung muss verbindliches Element bei der Ausreichung von Fördergeldern werden. Die Zentrumspartei will ehrenamtliches Engagement finanziell, räumlich und personell stärken und Konzepte zur Anerkennung und Wertschätzung (z.B. durch die Ehrenamtskarte) weiter ausbauen.

Gezielte Maßnahmen gegen Wohnungs- und Obdachlosigkeit

Das Problem der Wohnungs- und Obdachlosigkeit wurde bislang gesellschaftlich eher am Rande wahrgenommen. Die steigende Zahl der Wohnungs- und Obdachlosen zeigt jedoch die mangelhafte Planung im sozialen Wohnungsbau, die ihre Ursache in der fehlenden konkreten Bedarfsermittlung hat. Die Zentrumspartei fordert daher die sofortige Einführung einer bundesweiten zentralen Statistik zur Erfassung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit.