NRW Landtagswahl 2022 Zentrumspartei Wahlprogramm Sicherheit

Sicherheit & Integration

Es ist ein schmaler Grat zwischen Freiheit und Sicherheit. Letztlich garantiert nur ein funktionierendes System an innerer Sicherheit, dass unsere Gesellschaft ihre freiheitlichen Grundwerte täglich und selbstverständlich leben kann.

Das Maß an Sicherheit ist entscheidend. So viel Sicherheit wie nötig und so wenig, an damit einhergehenden Einschränkungen, wie möglich.

Für die Zentrumspartei ist die intakte Gewaltenteilung die wichtigste Systemkomponente für unsere Demokratie und unsere Sicherheit. Das Grundprinzip sieht eine Trennung der drei Bereiche der staatlichen Macht – Legislative, Judikative und Exekutive – vor. Die Wahrung der Unabhängigkeit der Bereiche und deren Effektivität und Effizienz ist elementar, für das Aussteuern und Durchsetzen des benannten Maßes an Sicherheit, die der Bürger für sein freiheitliches Leben braucht. Die Funktionsfähigkeit des Systems muss fortlaufend überprüft und sofern nötig nachgebessert werden.

Hier haben wir Versäumnisse in der Systempflege erkannt, die dringend der Ergreifung kurz- und mittelfristiger Maßnahmen zur Behebung bedürfen.

Grundsätzliches

Politik muss schneller agieren – Legislative

Wir sehen insbesondere die Politiker in der Pflicht – viel stärker als bisher – zügig, wenn immer es nötig ist, einen zeitgemäßen legislativen Rahmen zu schaffen. Diesen Rahmen benötigen Gerichte und polizeiliche Kräfte für eine rechtssichere Arbeit.

Die Legislative ist in der ersten Linie für die Schaffung der Grundlagen zur Ursachenbekämpfung zuständig. Was hier versäumt wird, kann ein Gericht oder unsere Polizei nicht nachhaltig heilen.

Eine moderne Justiz – Judikative

Wir wollen wieder eine moderne und motivierte Justiz, die in die Lage versetzt wird schnell zu agieren. Zwischen Tat, Klageerhebung und Urteil darf kein zu großes Zeitfenster liegen. Wir sind der Überzeugung, dass wir hierzu die Normen des “Verfahrensrechts” auf den Prüfstand stellen müssen. Die Ressourcen in der Justiz sind nicht ausreichend, um der Lage schnell und rechtssicher Herr zu werden. Das ist nicht im Sinne der Opfer, die teils jahrelang auf ein endgültiges Urteil warten müssen und sowieso schon unter den Folgen der Tat zu leiden haben.

Wir benötigen mehr Menschen, die unsere Judikative stützen. In der Verwaltung muss eine durchgängige Digitalisierung Einzug halten. Insellösungen, die über die Zeit Einzug gehalten haben, sind zugunsten eines ganzheitlichen Systems abzubauen. Wir benötigen qualitativ hochwertig gepflegte Datenräume, leistungsfähige Dokumentenmanagementsysteme, die von intelligenten Prozesssteuerungen unterstützt werden.

Polizei- und Ordnungsdienste entlasten – Exekutive

Der Polizei- und Ordnungsdienst muss attraktiv und wertschätzend gestaltet sein. Die angefallenen Überstunden zeigen, dass hier strukturelle Änderungen notwendig sind und eine Wertschätzung durch den Dienstherrn nicht gegeben ist.

Qualifizierte Berufseinsteiger, die eine Wahl haben, entscheiden sich deswegen vielleicht nicht für eine Laufbahn in diesem Bereich. Das ist dramatisch, denn wir brauchen solche Menschen.
Viel zu häufig quittieren gut ausgebildete Mitarbeiter den Dienst, da das gestiegene Arbeitspensum und die psychische Belastung eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie nur unzureichend zulassen.

Wie in der Justiz benötigen wir auch hier dringend eine ausreichende Personaldecke, eine angemessene Bezahlung und Arbeitsmittel, die modern und geeignet sind, die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit maximal zu schützen und zu unterstützen. Das sind wichtige Voraussetzungen um motivierte Mitarbeiter in den Reihen zu halten.

Ausgewählte Einzelaspekte

Erkenntnisse des Verfassungsschutzes konsequent in die parlamentarische Diskussion einbeziehen

Der Verfassungsschutz erfüllt seine Aufgaben, indem er frühzeitig entstehende Gefährdungslagen erkennt und hierzu Informationen sammelt und zu aussagekräftigen Berichten verdichtet.
Die Ausarbeitungen werden der Regierung zur Ergreifung verfassungsschützender Maßnahmen vorgelegt.

Die Daten weisen seit Jahren hohe Fallzahlen in den Bereichen Linksextremismus, Rechtsextremismus, Islamismus und auslandsbezogener Extremismus aus. In allen Extremismus Bereichen ist festzustellen, dass die Entgrenzung, Radikalisierung und Virtualisierung massiv gestiegen sind. Es zeigt sich, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen der Regierung nicht ausreichend sind.

Wir werden die Gefahren für unsere Gesellschaft ernster nehmen und frühzeitig die verfassungsrechtliche Gefahreneinschätzung in die Regierungspolitik einfließen lassen. Parteiliche Belange haben vor den Verfassungsinteressen des Landes zurückzustehen.

Zusehends entwickelt sich eine digitale Gefahr, die in der Öffentlichkeit kaum Beachtung findet. Wenn wir die Berichtslage zu den Themen Spionageabwehr, Cyberabwehr und Wirtschaftsschutz analysieren, so zeigt sich, dass unser Land diesen Gefahren nur unzureichend gewappnet gegenübersteht.

Cyberkriminalität

Die globale Digitalisierung bringt es mit sich, dass Landesgrenzen keine Rolle mehr spielen. Angriffe aus dem Internet können anonymisiert – von jedem Rechner der Welt – erfolgen.
In Zeiten von Corona hat insbesondere die Cyberkriminalität stark zugenommen.

Jeden Tag machen tausende von Nutzern ein vermeintliches Schnäppchen in einem Onlineshop, welches sie nie erhalten werden. Der Shop wird nach kurzer Zeit unter einem anderen Namen neu im Internet eröffnet und weiter geht es.

Menschen werden im Internet auf Plattformen, die ihre Server außerhalb unseres Rechtsraumes haben, diffamiert und psychischem Terror ausgesetzt.
Firmendaten werden von Kriminellen verschlüsselt und erst gegen Zahlung eines Lösegeldes wieder freigegeben. In der Folge haben die Cyberversicherer Hochkonjunktur und die gestiegenen Prämien belasten die Unternehmen.

Die Dunkelziffer ist im Bereich der Cyberkriminalität besonders hoch. Anzeigen werden von Privatnutzern aus Scharm nicht erstattet und Firmen fürchten bei Bekanntwerden der Sicherheitslücke, Reputationsschäden zu erleiden. Die Ermittlungsverfahren werden von der Staatsanwaltschaft häufig eingestellt, da ein Täter nicht ermittelt werden kann.
Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein.

NRW muss seine Möglichkeiten nutzen, um diese Problematik länderübergreifend auf Bundesebene anzugehen. Wir fordern eine digitale Handelsregister ID für alle Unternehmen, die beabsichtigen Geschäfte mit Verbrauchern in Deutschland zu tätigen.

Globale Abkommen sind zu initiieren, die ein Durchgreifen gegen Cyber Kriminelle ermöglichen.

Wir sagen klar, dass die Cyberkriminalität unseren Rechtsrahmen, unsere Wirtschaft und unsere Versorgungsinfrastruktur gefährden kann. Wir stufen die Cyberkriminalität potenziell als staatsgefährdend ein. Hier muss die Regierung dringend neue Schwerpunkte setzen.

Schleierfahndungen an Außengrenzen

Die offenen Ländergrenzen zu unseren Nachbarländern Niederlande und Belgien dienen Kriminellen als Hilfsmittel zur Verschleierung von Taten. Ein Beispiel in diesem Zusammenhang sind die vielfachen Geldautomatensprengungen. Das Landeskriminalamt NRW hat von 2015 bis Mitte Juni 2021 allein 719 Fälle dokumentiert. Die Täter werden in den Niederlanden vermutet.

Wir fordern besonders in Grenznähe in den frühen Morgenstunden, vermehrte Kontrollen im Rahmen von Schleierfahndungen. Die bereits bestehende länderübergreifende Kooperation der Polizeikräfte ist weiter auszubauen.

Ausbau der Justizvollzugsanstalten

Die 36 Justizvollzugsanstalten in NRW sind mit 95% durchgehend stark ausgelastet. Das erzeugt Druck auf die Vollzugsbeamten und die allgemeine Sicherheitslage im Vollzug. Wir setzen uns für eine zügige Umsetzung der bereits geplanten Neubauten und Modernisierungen ein.

Opferschutz einen höheren Stellenwert geben

Laut dem „Dritten Bericht der Beauftragten für den Opferschutz des Landes Nordrhein-Westfalen“ nutzten 439 Betroffene im Jahre 2020 die Möglichkeit sich in ihrer Not von staatlicher Seite helfen zu lassen. Opferschutz ist der Sammelbegriff für gesetzliche Regelungen, um die Position des Verletzten bzw. Zeugen im Strafverfahren durch Zuerkennung eigener Teilhaberrechte und durch vielfältige Schutzrechte und Schutzmaßnahmen zu stärken.

Der Opferschutz muss eine noch viel stärkere Berücksichtigung in der Rechtsprechung einnehmen. Opfer bleibt man gegebenenfalls lebenslänglich.

Wir sehen den weiteren Ausbau der Hilfe für die Opfer sowie deren Angehörigen als unabdingbar an, damit die Menschen, ihre Würde und ihr Vertrauen in den Rechtsstaat zurückerlangen können.

Das Sicherheitsempfinden der Bürger stärken

Die polizeilichen Kriminalitätsstatistiken zeigen erfreulicherweise rückläufige Zahlen, verbleiben aber dennoch auf einem zu hohen Niveau, so dass für viele Bürger hieraus ein unzureichendes Sicherheitsempfinden resultiert. Das Niveau des Sicherheitsempfindens ist aus der Kriminalstatistik nicht abzulesen und wird in dem PKS Jahrbuch 2020 nur einmal thematisiert.

Viele Polizeiwachen vor Ort wurden in den vergangenen Jahren geschlossen. Wir sagen, dass hier am falschen Ende, eben auf Kosten des Sicherheitsempfindens, gespart wurde. Der persönliche Kontakt ist für beide Seiten, Bürger und Polizei, wichtig.

Die Bekämpfung der sichtbaren Kriminalität in den No-Go-Areas muss konsequent vorangetrieben werden.

Gefährliche Orte in NRW

In Nordrhein-Westfalen werden aktuell mindestens 220 Gebiete von der Polizei als „gefährliche Orte” eingestuft. Hierbei handelt es sich um Straßen und Straßenzüge, die zusammen eine No-Go-Area formen können und dabei ganze Stadtbezirke umfassen.

Nach den Erkenntnissen der Polizei dominieren einzelne Familienclans in diesen Gebieten das Leben mit ihren Regeln, ihrer Kultur und ihrer Sprache. Integration findet hier nicht statt.
Der Staat spielt nur eine geduldete Rolle.

Anwohner und Geschäftsleute werden systematisch eingeschüchtert, um Schutzgeld zu erpressen und unbehelligt den Drogenhandel und andere illegale Geschäfte durchführen zu können. Schon Kinder lernen in diesen Gebieten schnell, dass es besser ist, sich an die Clanregeln zu halten, um in dieser Welt erfolgreich zu sein.

Polizeikräfte tauchen aufgrund der dort spezifischen Sicherheitslage nur in größerer Stärke und daher nur selten routinemäßig auf.

Der Staat muss diese rechtsfreien Räume schließen. Die Zusammenarbeit zwischen Finanzbehörde, Sozialversicherungsbehörden, Staatsanwaltschaft und Polizei ist zu etablieren.

Ursachen deutlich benennen

Kriminelle Parallelgesellschaften sind lange Zeit nahezu unbemerkt erwachsen. Ein derart negatives Phänomen, welches auch eine unmittelbare Schnittstelle zu dem Thema “Erfolglose Integration” hat, wurde viel zu lange aus politischen Gründen nicht in die Öffentlichkeit transportiert.

So konnten die Clans, unter Ausschluss der kritischen Öffentlichkeit, ihre Macht weiter ausbreiten. Die Clans stammen aus dem Libanon, Bulgarien, Rumänien oder bestehen aus Sinti und Roma. Brückenköpfe der kriminellen Strukturen vor Ort sind oftmals Türsteher oder Shisha-Bars.

Die Fakten liegen nun auf dem Tisch und das Zögern hat es schwer gemacht. Das System der Clans muss permanent penetriert werden. Eine Null Toleranz Politik ist zu etablieren.

Der Gesetzgeber muss rechtliche Schlupflöcher schneller schließen. Urteile müssen zeitnah erfolgen und Strafen sind umgehend anzutreten. Der Staat hat hier im Interesse des Gemeinwohls alle Möglichkeiten der Macht auszuschöpfen.

Integration

Für eine erfolgreiche Integration ist es unabdingbar Deutsch in Schrift und Sprache zu erlernen und gut zu beherrschen.

Die Menschen kommen aus anderen Kulturkreisen und haben kein ausreichendes Wissen in Bezug auf die Werte, kulturellen Errungenschaften und Selbstverständlichkeiten unseres Landes. Dieses kann zu Missverständnissen führen, die eine Integration erschweren oder unmöglich machen. Neben Schrift und Sprache ist von Anfang an ein umfangreiches kulturelles Verständnis zu vermitteln.

Kein Land kann ohne Verständnis seiner Sprache und seiner Kultur eine Heimat werden.

Ein dritter wichtiger Baustein für ein solides Integrationsfundament ist das Einbringen in die Gesellschaft und zum Wohle der Gesellschaft. Hierdurch können Vorurteile überwunden und die Akzeptanz in der Bevölkerung gefördert werden. Das wichtigste Produkt hieraus ist jedoch im Idealfall die Identifikation mit den Menschen des Landes.

Die Katastrophe im Ahrtal war verheerend. Es wurden schnell viele Hände gebraucht, die einfach in der Lage waren Schlamm in Eimer zu schaufeln, Straßen von Unrat zu befreien und die Häuser einigermaßen winterfest zu machen. Sprache und Herkunft waren hierbei schlichtweg egal. Jede helfende Hand war wichtig.

Die alte Landesregierung und die neue Landesregierung haben es versäumt, den zugewanderten Menschen die Möglichkeit zu geben, sich einbringen zu können, um unser Land in dieser schweren Krise zu unterstützen. Hieraus hätte ein unbezahlbarer Beitrag zur Integration erwachsen können.

Nun steht der Wiederaufbau an. Wir regen dringend an, diese Chance zur Integration zu nutzen.

Voraussetzung für ein Ankommen ist, dass die Menschen den Willen zur Integration und Anerkennung der Werte des Landes haben und sich zu Gunsten aller einbringen wollen.

Das muss eine soziale Gemeinschaft als Grundlage für ihr Integrationsangebot einfordern.